Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Buchhändler (AUB) gründet sich

Gestern Abend (20.03.2006) haben sich im „Gütersloher Brauhaus“ Buchhändler aus 14 kleinen und mittleren Buchhandlungen der Region Westfalen, von Essen bis Herford und von Ibbbenbüren bis Oerlinghausen getroffen.

Die Initiatoren Hartwig Bögehölz und Folkert Roggenkamp hatten bewusst auf einen grossen Verteiler verzichtet: „Wenn es im kleinen Kreise gelingt, die Aufmerksamkeit von 5 oder 6 Kollegen zu erringen, dann schaffen wir es erst recht bundesweit“. Doch schon die Resonanz auf eine eher unfreiwillige Veröffentlichung bei uns hier auf buchmarkt-online war unerwartet hoch: Nicht nur Sortimenterkollegen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, sondern auch Verleger und Vertreter zeigten großes Interesse.

Mit diesem starken Rückenwind in den Segeln gingen die 14 in eine knapp vierstündige, intensive Diskussion zur Lage der Unabhängigen Buchhändler im Lande. Und am Ende des vierstündigen Abends waren Positionen festgeklopft, die im folgenden als „Gütersloher Erklärung der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Buchhändler “ präsentiert werden.

Wie geht es weiter? Ein Nachfolgetreffen im kleineren Kreis ist für Ende April geplant. Zuvor werden die Ergebnisse, Positionen und Kontaktadressen den bundesweiten Branchen-teilnehmern via Internet noch im März zur Verfügung gestellt. (Kontakt über Folkert Roggenkamp info@osthusbuch.de).

Der Gang an die nichtvirtuelle Öffentlichkeit erfolgt möglicherweise bereits auf den Berliner Buchhändlertagen im Mai, spätestens jedoch mit einer Veranstaltung auf der Frankfurter Buchmesse.

Hier die
Gütersloher Gründungserklärung der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Buchhändler (AUB)

Wir Westfalen sind für unsere Sturheit berühmt, und diese werfen wir als Pfund in die Waagschale. Jetzt endlich machen wir Unabhängigen Buchhändler ein Fass auf, das da heißt: die Marktmacht der unabhängigen Sortimente zum Ausdruck zu bringen.

Der Börsenverein und die bislang existierenden Organisationen (AWS, AKS sowie die Einkaufsgemeinschaften) sind aus bekannten Gründen nicht in der Lage, die Position der unabhängigen Buchhändler, die weit über 90% seiner Mitglieder aus dem Sortiment ausmachen, substanziell zu stärken.

Also haben wir unabhängigen Buchhändler uns am 20. März ein Beiboot zum „Tanker“ Börsenverein gebaut. Dieses Beiboot schippert unabhängig, wendig und schnell über den Ozean der Branche und seine Besatzung greift dort ein, wo es notwendig erscheint:

 Wir Unabhängigen Buchhändler sind nicht mehr bereit, eine Vertriebsstruktur zu akzeptieren, die dem frühen 19. Jahrhundert entstammt. Das bedeutet: weg mit den Vertreterfaxen, den Reisekonditionen, den „Papierbestellungen“, die aus unerfindlichen Gründen schneller sind als die EDV und dabei doch ungleich mehr Kosten und Aufwand verursachen.

 Aus schierer Existenznot brauchen wir einen Mindestrabatt an, der bei kleinen Verlagen bei 40%, bei größeren Verlagen und Verlagsgruppen deutlich darüber liegt. Und zwar umsatzunabhängig und als Dauerkondition. Dafür verzichten wir auf so alberne Erfindungen wie Naturalienrabatte (Partien), obskure Umsatzstaffelmodelle, zweifelhafte Bonusmodelle und mitleidig gewährte Werbekostenzuschüsse und etc.

 Wir malen ein großes Fragezeichen an die Überlebensfähigkeit von Verlagen, die nicht bereit sind, unter das Dach einer fähigen (!) Auslieferung zu schlüpfen und uns weiterhin mit ihren Einzelsendungen traktieren.

Denn wir Unabhängigen Buchhändler sind die Dachmarke der Verlage, nicht die Ketten. Wir machen durch unsere Erfahrung und unser Knowhow die Bestseller, nicht die Marketingabteilung in Hagen. Wir sind es, die den Verlagen eine weitgehende Vertrags- und Handlungsfreiheit garantieren und ihnen das langfristige Überleben ermöglichen. Wir sind die Vielfalt, aufgrund dessen der Gesetzgeber die Preisbindung für Bücher ermöglicht und akzeptiert.

Wenn Verlage meinen, dass sie einem Marktteilnehmer pauschal Dauerkonditionen in nennenswerter Größenordnung gewähren können (nicht zu reden von zusätzlichen Sondervergütungen), dann wollen wir Unabhängigen Buchhändler am Kuchen entsprechend beteiligt werden. Nicht, weil wir unverschämt sind – sondern weil wir Spannen brauchen, die uns unsere Existenz auch in Zukunft ermöglichen.
Um nichts anderes geht es.

Das geht nicht? Wegen der Kalkulation? Dann spitzt mal die Bleistifte, liebe Vertriebler, und erhöht die Bücherpreise. Ihr macht sie doch schließlich. Und wie die Euro-Umstellung bewiesen hat: der Kunde akzeptiert gute Preise für gute Produkte. Und die Buchpreise sind seit 2002 gegen alle Vernunft im stetigen Sinkflug. Und handelt mit Euren Vertretern Verträge aus, die nicht an Besuchsnachweise, Abzeichnungen etc. gebunden sind: Dein Reisegebiet – Deine Buchhandlung – Dein Umsatz. So einfach kann das sein.

Aber wer sind wir denn eigentlich, dies nicht nur zu fordern, sondern auch durchzusetzen?

Wir sind keine Einkaufsgemeinschaft. Wir sind nicht einmal ein organisierter Interessenverbund. Wir sind schlicht der branchenpolitische Ausdruck der stärksten Macht im Sortimentsbuchhandel: der Unabhängigen Buchhändler.

 Wir stellen jedem Unabhängigen Buchhändler den Beitritt zur Gütersloher Gründungserklärung anheim.
 Jeder Unabhängige Buchhändler hat das Recht, sich die hier vertretenen Positionen zu eigen zu machen
 Jeder Unabhängige Buchhändler wird bald in die Lage versetzt werden, sich über den aktuellen Stand der Dinge zu via Internet zu informieren
 Jeder Unabhängige Buchhändler wird dort sehen können, welche Verlage unsere Forderungen ernst nehmen und entsprechend handeln – und welche nicht.
 Jeder Verlag und jede Verlagsgruppe, die sich für die Interessen ihres größten Kunden, nämlich des Unabhängigen Buchhändlers interessiert, bekommt via Internet unverstellten Einblick in die laufende Diskussion.

Wir wollen alle an einem Tisch, in einem Verband, mit einem Interesse: die Vielfalt im Buchhandel zu bewahren und zu fördern – und dadurch gute Umsätze und Erträge zu erzielen, die eine dauerhafte Existenz aller wirtschaftlich Beteiligten (Verlage, Vertreter, Zwischenbuchhandel und Sortimenter) sichern.

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