Jahrestagung der AG PUB: Branche zwischen Idealismus und Realismus

Die Rekordbeteiligung des letzten Jahres bei der diesjährigen Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Publikumsverlage ist gestern zwar nicht erreicht worden. Aber das war auch nicht beabsichtigt, denn man hatte unter sich bleiben wollen und deshalb diesmal Zaungäste (außer auf dem Podium) nicht zugelassen.

Tatsächlich standen kritische Themen an – etwa der Streit über „redliche“ Übersetzerhonorare oder auch die Sorge um die Zukunft eines qualitativen Buchhandels angesichts der derzeit dramatisch scheinenden Strukturverändererungen.

Vorweg: Den Unmut der ausgeladenen Gäste (traditionell sind das Agenten, Buchhändler, Zwischenbuchhändler), dieses Mal dem für viele wichtigsten Branchentreff des Jahres fernbleiben zu müssen, hätte man sich sparen können. Denn es wurde zwar kontrovers und mit offenem Visier diskutiert, aber es wurde dabei auch klar, dass gerade bessere Kommunikation der Branche und bessere Kenntnis über die wirklichen Probleme der Partner eher zu Lösungen führen würden.

Dazu bot Michael Wieser (Mayersche) eine Lösung an: Sein Haus wolle künftig zusätzlich eine Kommunikationsplattform schaffen, die mittleren und kleinen Verlagen die Möglichhkeit gebe, in Roundtable-Gesprächen mit seinen Leuten zu kommunizieren. Da fragte keiner mehr, warum eigentlich er als Buchhändler dabei war? Kolportiert wurde, Wieser habe von der „Ausladung“ nichts gewusst, und keiner habe sich getraut, ihm das zu sagen. Oder sollte er ggf. Ersatzmann für Tom Kirsch (Buch & Kunst) sein, der auf dem Podium unverholen und selbstbewusst weiter die Kreativität der Verlage einforderte. Nur darin scheint der Handel (noch) von den Verlagen abhängig zu sein.

Die sind zwar weder gegenüber den mächtiger werdenden Forderungen aus dem Handel noch bei den bedrohlichen Forderungen der Übersetzer nach dramatisch höheren Vergütungen in Sicht. Aber die Tagung erfüllte besser denn je das Bedürfnis nach punktgenauer Information über praktische alle derzeit für die Verlage relevanten Themen – ein Fehler, nicht dabei gewesen zu sein!

Eindrucksvoll das Grußwort des neu gewählten (Interims?-)Vorstehers Dr. Gottfried Honnefelder bei seinem ersten öffentlichen Auftritt. Das glich einer Regierungserlärung: Er beschrieb das Umfeld der Tagung präzise: „.. wenn eine Branche vor größeren Transformationsproblemen steht, wenn in wichtigen Bereichen der Druck von außen, vom Markt und von den Rändern des Marktes her wächst und sich im inneren Unsicherheit und Krisenstimmung breit macht“ – gerade dann sei der Verband gefragt, den man in guten Zeiten nicht zu brauchen scheine.

Honnefelder programmatisch ((siehe Link unten) : Die ökonomische Position als Wirtschaftsverband könne nur gemeinsam verteidigt und ausgebaut werden. Und die Branche werde den abzusehenden erheblichen Veränderungen nur gewachsen sein, wenn wir auch die „inneren Regeln“ (die Vielfalt der Inhalte) des Buchpreisbindungsgesetzes – als Rahmenbedingungen für jeden unser wirtschaftliches Handeln – immer wieder erinnerten. Dazu aber brauche die Branche einen starken Börsenverein; die Buchkultur werde ihr Profil nicht durch ein einzelnes Unternehmen allein behalten.

Honnefelder sprach dazu im Grunde alle aktuellen Branchenprobleme an, die auch die AG PUB gestern beschäftigten, von der Digitalisierung der Inhalte, dem Urhebervertragsrecht [mehr…], den Strukturwandel, die Rechtschreibreform [mehr…]

Am Ende eines langen, informativen Tages fasste KiWi Verleger Helge Malchow das Fazit zusammen: „Auf Seiten der Verlage gibt es immer noch viel Idealismus; auf Seiten des Sortiments herrscht zusehends Realismus. Aber um unsere Buchhandelskultur zu erhalten, die immer noch einzigartig in der Welt ist, dürfen wir uns nicht vollständig der Logik des Marktes unterwerfen.“

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