Auch heute wieder viel gelernt

Matthias Mayers tägliches
Messe-Update

Ich gratuliere allen Gewinnern des 50. Jugendliteraturpreises!

Die bisher beste Antwort auf meine gestrige, höfliche Kugelschreiberbettelei kam von Konstantin Klingberg, der mir bis zu sieben Kulis verspricht, die ich mir allerdings in seiner Bremer Thalia-Filiale abholen solle.

Vielen Dank erst mal, Herr Klingberg, aber ich warte dann lieber noch weitere Angebote ab.
Ich weiß nicht, ob ich mit einem Thalia-Kugelschreiber auch für selbständige Einzelhändler schreiben darf.

Auch heute wieder zog „Joschka“ Fischer seine Runden. Ein paar Abiturienten hinter mir riefen laut „Herr Außenminister!“. Alles guckte in meine Richtung. Herr Fischer ist immer von einem fragwürdigen Personenschutzgürtel umschlossen. Bodyguards, die zehn Jahre jünger sind als ich, Gel in den Haaren haben, freche Antworten geben und alle die Arme verschränken. Außer, wenn sie in ihren Ärmel sprechen.
Das gefällt mir überhaupt am Besten. In seinen Ärmel zu sprechen. Das mache ich jetzt auch regelmäßig.

Joseph Martin Fischer
Was sind denn das für Verleger?

Immer wieder einen Blick wert ist das Lesezelt. Wenn ich fertig bin mit blicken, gehe ich sogar mal hinein. Und was sehe ich? Kabarettist Georg Kreisler stellt seine Biographie vor, „Georg Kreisler gibt es gar nicht“ bei Scherz.
Hr-Moderator Alf Mentzer fragt, wieso es Kreisler gar nicht gebe. Kreisler sagt, warum, es gebe ihn doch, er sitze ja hier. Mentzer fragt, warum Kreisler sich als leiser Kabarettist sieht, und Kreisler ruft ins Publikum, ob nicht jeder ihn gut hören könne.

Sehr süffisant, Herr Kreisler, gut vorbereitete Moderatorenmetaphern fortgesetzt wörtlich zu nehmen, aber jetzt muss Fips Asmussen sich neue Witze überlegen.
Und: alles tapfer pariert, Herr Mentzer. Und das beste: Ihr Versprecher „Kabarettisten können gar nicht immer ernst sein“ – der trifft die Sache haargenau auf den Kopf! Der kann genau so bleiben.

Georg Kreisler gibt es doch

In der Ecke sitzt, auf seinen Auftritt wartend, das Hildebrandt-Update meiner Generation: Jess Jochimsen! Und obwohl er so gute Bücher lesen könnte wie z.B. sein eigenes („Bellboy“ bei dtv), liest er lieber BuchMarkt.

Mr. Coffee and Cigarettes

Ebenfalls im Lesezelt treffen wir Hellmuth Karasek, wie er Schauspielerin Susanne Lothar den Beruf der Schauspielerin erklärt. Er ist aber auch zu putzig, irgendwie kann ich ihm nie böse sein.

Aha, soso, hmm, ah ja

Heute habe ich mich vorbildlich koreanisch ernährt. Ich wollte schon immer mal Sushi probieren. Allerdings hieß es da nicht Sushi, sondern Gim Jab und enthielt auch keinen Fisch. Dazu gab es gebratene Mandu-Taschen, die mit Reis und Schweinefleisch gefüllt waren. Beilage: Kim Chee, also sauer-scharf eingelegter Chinakohl. Nachtisch: Einen Happen koreanische Birne. Dazu: Hyeon-mi-nok-cha (Reistee) und Yu-ja-cha (Orangentee.)

Und warum ich Ihnen das alles erzähle? Weil ich schwöre, dass ich in meinem Leben noch nie so etwas Köstliches gegessen habe.

Allerdings habe ich nun immer noch kein Sushi probiert.

Auch im Freien trifft man Prominenz: Schauspieler, Bonvivant und Multitalent Peter Berling sah mich beim Lesen, und weil er keinen eigenen BuchMarkt dabeihatte, wollte er sich unbeding neben mich stellen. Peter Berling ist der einzige Schauspieler im ganzen Universum, der bereits für Schlöndorff, Scorsese und Helge Schneider arbeitete.

Aber sich keinen eigenen BuchMarkt leisten können, das haben wir gerne.

Moment mal – wer steht denn jetzt hinter der Kamera?

Bei Bloomsbury Berlin treffe ich den irischen Filmregisseur und Oscar-Preisträger Neil Jordan. Wir verdanken ihm u.a. Im Namen des Vaters, Michael Collins, Interview mit einem Vampier und natürlich The Crying Game.

Zwei irische Merkmale: Rauchen und den Gesichtsausdruck einmal pro Stunde wechseln. Herr Jordan war aber so nett, mit mir über seine Filme zu plaudern. Er leugnet zwar, dass er einen Lieblingsfilm unter seinen Werken hat, aber wenn, dann wäre es Mona Lisa von 1986 mit Bob Hoskins und Michael Caine.
Ja, das wäre doch auch meine Wahl gewesen!

Dann will er unbedingt in meinem BuchMarkt blättern. Der ist zwar auf Deutsch, aber Herr Jordan wollte ja nicht auf mich hören.
Ach ja, Neil Jordan ist übrigens wegen seines Buches hier: Schatten. Bei Bloomsbury Berlin.

Ben Schott habe ich verpasst.

Take your stupid magazine and leave me alone

Mittags gab’s bei Hoffman & Campe, oder wie wir ja sehr gerne sagen: bei HoCa ein Interview mit Ulrich Wickert, geführt von hr-Moderatorin Daniela Klein. Der Verlag stellte extra eine winzige, aber schalldurchlässige Duschkabine zur Verfügung. Herr Wickert zieht auch sofort sein Sakko und seine Schuhe aus.

Worum es in dem Interview genau ging, weiß ich nicht. Ich dachte eigentlich, um Wickerts neues Buch „Die Wüstenkönigin“. Stattdessen fragte er sie, ob sie prüde sei, sie verneinte kampflustig, und dann redeten sie beide über Sex.

Herr Wickert tat sein berühmtes, belegtes Wickert-Räuspern mitten im Satz leider nur zweimal, schade. Und als er Frau Klein eine unverlangte Widmung aufnötigte, lachten sie sich beide kaputt, weil sie die Preisbindung so geschickt umgangen hatten. Jedenfalls hatten wir drei viel Spaß, und ich bedanke mich nochmals ganz herzlich dafür, dass ich mitduschen durfte.

Und ich weiß jetzt wenigstens, zu welchen verlässlichen Quellen Herr Wickert greift, um sich über den Buchhandel zu informieren.

Mrs. Hörfunkspot und Mr. Tagesthemen
Wer wickert denn da?

Beim freundlichen Magazin titanic gab es lohnende Signierstunden. Der gütige Herr, der im feierlichen Gegenlicht ein Regierungsabkommen zu unterzeichnen scheint, ist in Wahrheit Hans Traxler. Und die beiden betrunkenen Herren hinter den Schildern „Hurzlmeier“ und „Rattelschneck“ sind die Künstler Hurzlmeier und Rattelschneck. Zumindest ein Rattelschneck von zweien.

Hans Traxler
Rudi Hurzlmeier, Marcus „Rattelschneck-Hälfte“ Weimer

Hier mein Lieblingswitz von Rattelschneck, und der Künstler pflichtet mir sogar bei. („Eine sehr gute Wahl.“)

Auf dem Weg zum nächsten Termin geriet ich versehentlich in eine Wodkaverkostung bei Hädecke. Spirituosen Consultant (dtsch. Schnapsberater) Jürgen Deibel schützt die Veröffentlichung des Buches „Wodka“ vor, um mir einen nach dem anderen einzuflößen. Bis unsere beiden Gesichter glühen und unsere Augen glänzen. Und umgekehrt. Deibel auch.

Das war auf jeden Fall besser als Kochen für Kinder bei Frankch-Kosmos.

Deibel

Auf der blauen Couch beim ZDF saß Bruno Jonas. Er sang ein Lied. Allerdings war es auf Lateinisch. Trotzdem wurde anscheinend an den richtigen Stellen gelacht. Das war mir unheimlich.
Der Jonas sieht dem Beckenbauer immer ähnlicher. Besonders, wenn man weit hinten steht. Ich versuche diesen Eindruck durch ein winziges Bild zu simulieren.

Der Bruno Jonas seiner
Generation: Bruno Jonas

Beim Abendspaziergang traf ich wieder Karasek. Erst auf den zweiten Blick stellte ich fest, dass es ein Messe-Angestellter war. Da sein (oder ihr) Tag in diesem Outfit ohnehin versaut war, zwang ich ihn (oder sie), für mich zu posieren. Es konnte mit seinen Plüschhänden kaum das Ideenmagazin für den Buchhandel halten.

Hoffentlich wird sowas gut bezahlt

Bei Reader’s Digest Deutschland beschloss man den Tag mit einer Happy Hour zum 50. Geburtstag der Auswahlbuchreihe. 50 Jahre lang bewährte Romane im Tamagotchiformat! Und mit dem „Das-Beste“-Magazin bin ich aufgewachsen! Das hatte allerdings keinen Geburtstag. Sondern die Buchreihe der deutschsprachigen Auswahlbände.

Unten habe ich Ihnen mal die Verlagsspitzen an die Wand gestellt. V.l.n.r.: Redaktionsleiter Deutschland, Österreich & Schweiz Heinz Volz, Vizepräsidentin und Redakteurin USA Laura E. Kelly und Gary Arpin, der Chefredakteur für den ganzen Rest. Also 29 Länder, 16 Sprachen, das jüngste davon Indien.

Die beliebten Reader’s Digest-Hefte machen nur etwa 20 % des Umsatzes aus, das meiste bringt tatsächlich die Buchreihe ein. Die übrigens die älteste bis heute fortgeführte Buchreihe auf der ganzen Welt ist.

Hoffentlich hat keiner meine Wodkafahne bemerkt

Und dann traf BuchMarkt-Chef Christian von Zittwitz im Gang von Halle 4 noch Siegfried Taubert, den Vorvorvorgänger des jetzigen Messechefs. Taubert ist mit seinen stolzen 91 Jahren bei bester Gesundheit.

Siegfried Taubert war auch da

Der Fahrgastandrang in den S- und U-Bahnen gen Messeschluss ist unermesslich. Da beruhigt es, dass die Deutsche Bahn einen Sicherheitsbeamten abstellt, der 200 Fahrgäste daran hindert, gleichzeitig auf die Schienen zu fallen.

Na, immerhin!

Bevor ich einsteige, noch mein Anagramm des Tages:

Literaturnobelpreis – Plausiblerer notiert

Wir sind noch einen Tag unter uns, und dann darf die Meute rein. (Und es war heute schon wieder rekordvoll! 3700 Besucher mehr als letztes Jahr!)

(Und alle in meiner S-Bahn!)

Es wird auf jeden Fall ein schöner Freitag für Sie und

Ihren
Matthias Mayer

herrrmayer@hotmail.com

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