Zum ungeschickten Herauskomplimentieren von Volker Neumann heute in der Presse

Zum Herauskomplimentieren von Volker Neumann aus dem Amt des Messechefs heute eine Presseschau, die einhellig zeigt, wie ungeschickt der Zeitpunkt gewesen ist. Und in einige Beiträgen klingt, was hinter dem Konflikt stecken könnte.

NZZ

„Eine Meldung zur Unzeit: In drei Wochen beginnt die Frankfurter Buchmesse, und gestern hat der Aufsichtsrat des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels bekannt gegeben, den Vertrag mit Messedirektor Volker Neumann zum Jahresende 2005 auslaufen zu lassen. Man wolle die Führung der langfristig ordnen, heisst es offiziell, und dafür habe sich der über 60-jährige Neumann, einst Marketing.«Genie» bei Bertelsmann, nicht angeboten. Das ist allenfalls die halbe Wahrheit. Bekannt sind wiederholte Konflikte Neumanns mit dem neuen starken Mann des Börsenvereins, dem einstigen Justiziar und heutigen Hauptgeschäftsführer Harald Heker. Statt nach Leipzig ins Haus des Buches zu übersiedeln, will Heker für den Börsenverein einen Neubau in Frankfurt; den Unterhalt der Leipziger Traditions-Immobilie hat er zu 90 Prozent auf die Buchmessegesellschaft abgewälzt. Heker wolle die Buchmesse als Milchkuh, Neumann wolle eine starke Messe im Dienst der Aussteller, meinen Insider. Da liege der eigentliche Konflikt.“

DIE WELT

„Was am meisten an dieser Meldung verblüfft, ist der Zeitpunkt, zu dem sie verbreitet wird. Drei Wochen bevor die nächste Messe in Frankfurt beginnt, werden Personalentscheidungen dieser Art in der Verlagsbranche gewöhnlich etwas zurückhaltender behandelt.

Dass Neumann Vertrag über 2005 hinaus nicht verlängert wird, ist dagegen keine so große Überraschung. Er war zuvor lange Jahre einer der wichtigsten Manager im Bertelsmann-Verlag gewesen und hatte die Aufgabe, die weltweit größte Buchmesse zu leiten, erst jenseits des 60. Geburtstags übernommen. Schlagartig bekannt wurde er mit dem Vorschlag, die Buchmesse kurzerhand von Frankfurt nach München zu verlegen, denn die Hotel- und Hallenmieten seien am alten Standort überteuert. Mit dieser Anregung hat er sich wenig Freunde gemacht. Doch gelang es ihm so, für die Benutzung der Messehallen günstigere Konditionen auszuhandeln – die wirtschaftlich arg gezausten Verlage werden es ihm danken. Die Frankfurter Hoteliers dagegen zeigten sich hartleibig.

Die brisanteste Entscheidung Neumanns war, die Arabische Liga als Ehrengast zur diesjährigen Buchmesse einzuladen. Es ist sein Versuch, ernst zu machen mit dem so oft geforderten Dialog zwischen den Kulturen. Doch die Probleme sind für alle Beteiligten nicht gering. Es hat sich gezeigt, dass die über zwanzig eingeladenen arabischen Nationen keineswegs am gleichen Strang ziehen und dass die Vorstellungen von einer unabhängigen Literatur in Deutschland grundlegend andere sind, als in einem autoritär geführten islamischen Land.

Doch auch hier wird die Rechnung erst am Ende gemacht. Man muss abwarten: Die Buchmesse 2004 kann sich noch immer als ein denkwürdigen Ort des intellektuellen Austauschs zwischen der arabischen Welt und dem Westen erweisen. Und es gibt wenig, was heute dringender gebraucht würde.“
Uwe Wittstock

FAZ

„Die Frankfurter Buchmesse sucht schon wieder einen neuen Direktor. Nach nur zwei Jahren wird Volker Neumanns Vertrag nicht mehr verlängert, offiziell ist zum Jahresende 2005 Schluß. Damit wird zum Interregnum, was ein Regnum hätte werden können“, kommentiert Hannes Hintermeier in der FAZ. Und deutlicher: „Man liegt also nicht falsch mit dem Befund, daß hier zwei Temperamente aneinandergeraten sind, die nicht zueinander passen. Neumann kam, nach mehr als zwei Jahrzehnten von Bertelsmann/Random House in die Wüste geschickt, vor zwei Jahren unter Volldampf in Frankfurt an. Dort prallte er ohne Airbags gegen einen Verband, der dem selbstbewußten Manager bedeutete, daß er nicht nach Gutsherrenart walten könne. Das stachelte Neumann erst recht an. Schließlich kennen sich alle Akteure seit Jahren bestens. Mit dem Aufsichtsratsmitglied Gottfried Honnefelder vom DuMont Verlag etwa verbindet Neumann eine ausgeprägte Abneigung. Und auch mit dem Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Harald Heker, soll sich wohl alles andere als eine Männerfreundschaft entwickelt haben. Daß der siebenköpfige Aufsichtsrat freilich Neumann so deutlich die rote Karte zeigt, offenbart das Ausmaß der Zerrüttung.“

Frankfurter Rundschau

„Neumann, der 2002 ins Amt gekommen war, hatte ein Jahr danach mit seiner Drohung, die Buchmesse nach München zu verlagern, für monatelange Auseinandersetzungen gesorgt. Am Ende hatte Neumann einen verbesserten Vertrag für die Buchmesse in Frankfurt durchgesetzt. Seinen Wunsch, bis 2007 bleiben zu dürfen, verwarf der Aufsichtsrat der Börsenvereins-Holding jetzt einstimmig.

Neumann sagte, er sei ‚enttäuscht und ziemlich traurig‘. Er wies in der Buchbranche kolportierte Vorwürfe zurück, er sei in Frankfurt zu wenig präsent und es gebe bei der Buchmesse ein finanzielles Chaos. ‚Das ist Unsinn hoch drei‘. Der Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Treeck dementierte, dass das Votum gegen Neumann die späte Reaktion auf die Verlagerungs-Debatte sei. Der Börsenverein habe eine ‚langfristige personelle Lösung‘ für die Buchmesse gewollt.“

Kommentar von Klaus-Jürgen Göpfert: „Neumann, der 2002 ins Amt gekommen war, hatte ein Jahr danach mit seiner Drohung, die Buchmesse nach München zu verlagern, für monatelange Auseinandersetzungen gesorgt. Am Ende hatte Neumann einen verbesserten Vertrag für die Buchmesse in Frankfurt durchgesetzt. Seinen Wunsch, bis 2007 bleiben zu dürfen, verwarf der Aufsichtsrat der Börsenvereins-Holding jetzt einstimmig.

Süddeutsche Zeitung

„Neumann reagierte empört: ‚Die Entscheidung erfüllt mich mit Bitterkeit und Trauer‘, sagte er. Der Aufsichtsratschef des Börsenvereins, Joachim Treeck, sagte, Neumann habe bereits bei seiner Berufung im Herbst 2002 eher als Interimslösung gegolten. Dies sei von beiden Seiten so gesehen worden, sagte Treeck.

Neumann betonte dagegen, er selbst habe den Vertrag über 2005 hinaus verlängern wollen. Sein Amt sei nur deshalb vergleichweise knapp befristet worden, ‚weil ich kein erfahrener Messemann war‘. Die Entscheidung des Börsenvereins sei deshalb nicht nachzuvollziehen, weil er ’sichtliche Erfolge nachweisen‘ könne. So habe die Messe die schwierigen Phase bei seinem Amtsantritt überwinden können.“

Spiegel-Online
„Der 62-Jährige bedauerte, dass er das, was er ‚mit großem Engagement seit Herbst 2002 begonnen habe, leider nicht so lange fortsetzen kann, wie es altermäßig vernünftig gewesen wäre‘. Er habe den Aufsichtsrat darauf hingewiesen, dass er die Messe bis 2007 verantworten wollte. Dann wollte er mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen. Auch könne er auf eine erfolgreiche Arbeit verweisen, betonte Neumann. Er habe die Messe in einer schwierigen Situation übernommen, jetzt sei sie wirtschaftlich ‚in gesundem Fahrwasser‘. ‚Um so weniger verstehe ich diese Entscheidung‘, sagte Neumann.“

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