Buchhandel (zu Recht?) sauer auf eigene Spitzenfunktionäre / Gefahr für die Preisbindung – und für die Existenz kleinerer Buchhandlungen befürchtet

Die österreichischen Buchhändler laufen derzeit Sturm, sowohl gegen die Bundesbeschaffungsgesellschaft BBG, zuständig für die Rationalisierung der Einkäufe des Bundes, aber auch gegen Dr. Anton Hilscher, Manz und Morawa-Geschäftsführer Gerald Schantin, die beiden Präsidiumsmitglieder des eigenen Hauptverbands. Aus Linz und Wien würden bereits Rücktrittsrufe an Hilscher und Schantin laut – das berichtete der „STANDARD“ am Wochenende.

Was das Sortiment erregt: Künftig sollen Ministerien und andere öffentliche Institutionen des Bundes ihren Bucheinkauf allein über Morawa abwickeln. Der STANDARD erklärt die Aufregung über diese Entscheidung: „Für viele mittelständische Buchunternehmer in ganz Österreich, die ihre Einkünfte bisher wesentlich durch die öffentlichen Aufträge konsolidierten, kann die Monopolisierung des Einkaufs in die Katastrophe führen.“

Im Buchhandel ist man aber nicht nur sauer auf die BBG und ihre Vergabepraxis, sondern auch auf die Rolle, die ihre beiden Spitzenfunktionäre dabei gespielt hätten. Sie werfen den beiden vor, massiv gegen die gesetzliche österreichische Buchpreisbindung agiert zu haben. Ein Wiener Sortimenter erklärt uns die Verbitterung: „16% Nachlaß zu den gesetzlich möglichen 5% sind ja nicht ohne.“ Das nämlich habe Morawa der BBG zugesagt.

Der Wiener Buchhändler weiter: „Wie würde das deutsche Sortiment reagieren, wenn die zwei höchsten Repräsentanten des Börsenvereins, der Präsident und sein Vize, Vertreter jener Firmen sind, die sich um die Preisbindung nicht scheren, die durch den Vorteil ihrer Größe den kleineren Sortimentern wichtige Geschäftsverbindungen ruinieren.“

Besonders perfid sei die Vorgangsweise von Morawa, der über seine Buchhandlung als Mitglied einer Bietergemeinschaft (Springer, Schweitzerische Verlagsbuchhandlung und
Facultas) auftrat, im Rahmen der gesetzlichen 5% Regelung, jedoch auch als Großhändler Morawa über die Geschäftsstelle Traun/OÖ mit 16% in den Ring gestiegen sei.

Sauer ist an im Buchhandel laut STANDARD aber auch auf andere Kollegenfirmen, etwa auf Frick und Nexus, die beide 15% Nachlaß angeboten hatten. Und eben auch auf Manz, der immerhin mit einem Angebot von 10,6 % ebenfalls das Preisbindungsgesetz unterlaufen habe.

Jetzt hofft man im Handel, dass die deutschen Verlage Druck auf ihren Auslieferer machen – und auf Einsicht bei den Behörden.

Bei Lichte betrachtet, sieht die Welt in Österreich etwas anders aus – was die neue Vergabepraxis des Ministeriums an sich nicht harmloser macht: Die Vorwürfe an Gerald Schantin treffen den Falschen.

Er leitet den Morawa BUCH-Zweig, der mit dem Angebot, das eine Tochterfirma des PRESSE-Vertriebs abgegeben hat, nichts zu tun hat und auch davon nichts gewusst hat, wie er dem SCHWARZER BRIEF schon versichert hat: Schantin hat zwar wie andere Buchhandlungen auch mit angeboten, aber nur mit den üblichen 5 %. Das kritisierte Angebot kommt von der Firma Morawa Business Subscription, die im wesentlichen Fachzeitschriften an Behörden liefert und nach uns vorliegenden Informationen im Rahmen ihres Angebotes die Bücher auch nur mit 5 % (was zulässig wäre) angeboten habe – was dann in der Mischkalkulation trotzdem die 16 % ergeben hat, über die der Handel sich aufregt.

Ähnlich ist auch Dr. Anton Hilscher wohl zu Unrecht im Visier der Kritiker – auch er ist der Falsche: Er hat das operative Geschäft seines Hauses längst abgegeben und soll von seinem eigenen Haus und dessen überhöhtem Angebot überrascht worden sein.

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